Autor: 
Binz, Svenja; Brennauer, Julia Mira; von Lueder, Phil-Torben
Jahr: 
2018
Preis: 
0,00€

Masterarbeit, Fachbereich Architektur, 428 Seiten, engl.

Zusammenfassung:

Die weltweit zunehmenden Urbanisierungsprozesse sorgen für neue Herausforderungen. Stark urbanisierte Räume tragen einerseits maßgeblich zum Klimawandel bei, gleichzeitig sind sie für dessen Auswirkungen besonders anfällig. Meilensteine wie die 2030 Agenda für Sustainable Development Goals (SDGs) und das Pariser Abkommen stellen einen kollektiven Versuch dar, den Klimawandel als globale Herausforderung anzugehen. Das Wachstum der Städte stellt darüber hinaus weltweit enorme Anforderungen an die städtische Lebensmittelversorgung. So gewinnen Praktiken urbaner Landwirtschaft als Strategie für eine lokale und nachhaltige Nahrungsmittelproduktion an Bedeutung.

Geographisch konzentriert sich die Forschungsarbeit auf den Kontext palästinensischer Geflüchtetencamps in Jordanien. Jordanien hat aufgrund des enormen Bevölkerungswachstums in den letzten Jahrzehnten eine rasante Urbanisierung erlebt, die nicht zuletzt durch die Aufnahme von Hunderttausenden Geflüchteten aus verschiedenen Krisenregionen resultierte. Als eines der trockensten Länder der Welt, steht Jordanien durch den rapiden Bevölkerungszuwachs vor einer besonderen Herausforderung. Die vorherrschende Ressourcenknappheit macht insbesondere dicht besiedelte Strukturen wie die Camps besonders anfällig für Folgen des Klimawandels.

In den über die Jahrzehnte zu dichten urbanen Agglomerationen gewachsenen palästinensischen Camps bleibt in den meisten Fällen nur das Dach als wertvolle Freiraumressource, da Grün- und Freiflächen in den Camps kaum vorhanden sind. Daher ist es in diesem Zusammenhang nicht neu, das Dach als produktiven Ort, beispielsweise zum Anbau von Gemüse zu nutzen. Während der viermonatigen Feldforschung in Camps in Jordanien und im Westjordanland wurde das Konzept der urbanen Landwirtschaft fast ausschließlich auf Dächern beobachtet. Abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen selbst initiierter Dachgärten ergab die Feldforschung weiter, dass Dachgärten in diesem Kontext meist in fremdfinanzierte Entwicklungsprojekte eingebettet sind. Dies steht mitunter im Zusammenhang mit den global formulierten Klimazielen. Diese legen einen thematischen Rahmen fest, der Länder des globalen Nordens dazu bewegt, ihre Entwicklungsbudgets zunehmend in die Anpassung an den Klimawandel zu investieren.

Neben der Betrachtung urbaner Landwirtschaft bettet die Arbeit die palästinensischen Geflüchtetencamps in ihren historischen, politischen und gesellschaftlichen Kontext ein und untersucht materielle und immaterielle Stoffströme in den Camps. Anhand vier analysierter Fallstudien werden Herausforderungen und Probleme der Entwicklungszusammenarbeit diskutiert und kritisch eingeordnet. Ziel dieser Forschung ist es, zum akademischen Verständnis von ‚Empowerment‘ der palästinensischen Geflüchteten im Kontext der Anpassung an den Klimawandel beizutragen und zu diskutieren wie gemeinschaftsorientierte Projekte nachhaltiger gestaltet und den lokalen Dynamiken angepasst werden können.

Ein weiteres Ziel ist es zu erörtern, inwiefern extern finanzierte Projekte zu einer Resilienz in den prekären räumlichen Bedingungen der Camps beitragen und zu einer autonomeren lokalen Handlungsfähigkeit führen können. Die vorliegende Arbeit transformiert Beobachtungen und Erkenntnisse aus einer intensiven Feldforschung in eine Diskussionsgrundlage für neue Perspektiven innerhalb von gemeinschaftsorientierten Projekten im Bereich der Anpassung an den Klimawandel.

Die in der Analyse gewonnenen Ergebnisse werden dabei zur Entwicklung von Grundvoraussetzungen und Handlungsempfehlungen genutzt. Darüber hinaus soll ein entwickeltes multidimensionales Evaluierungstool dabei helfen, Handlungen strategisch und integriert zu verorten und messbar zu machen. Schlussendlich soll der beispielhafte Entwurf eines räumlichen und programmatischen Projektes die gewonnenen Erkenntnisse exemplarisch anwenden und visuell vorstellbar machen.